Jugendliche in Attat

Jugendliche in Attat – zwischen Kühen, Tuculhütten und Patienten

Über den Dächern des Attat-Krankenhauses

Im Juli 2015 besuchte eine zwölfköpfige Gruppe Jugendlicher Nanginesen das Krankenhaus und die umliegenden Präventionsprogramme. Sie bekamen in einem ausführlichen Rundgang durch das Krankenhaus einen Eindruck vom regen Betrieb und den vielen Arbeitsbereichen. Weiterhin besichtigten sie die Brunnen in den umliegenden Dörfern, die von den Menschen vor Ort bewacht und gewartet werden und lernten eine der Frauengruppen kennen, die sich um gesundheitliche Aufklärung der Dorfbevölkerung bemühen. Gegenseitig spielten sie sich dazu ein kleines Theaterstück vor, in dem es um das Kennen des jeweiligen HIV-Status bei Paaren ging. Fünf mutige Reiseteilnehmer nutzten noch die Gelegenheit des Besuches, um dem Krankenhaus ihr Blut zu spenden, das teilweise schon in den nächsten Tagen für eine Tumor-Operation eines 14jährigen Mädchens verwendet werden konnte. Hier ein Ausschnitt aus dem Reisetagebuch:

24.07.2015
1. Eintrag:

„Reisevorbereitungen auf Hochtouren“

Einen Tag vor der Reise wurden die Moskitonetze imprägniert und jede
Menge Material für das Krankenhaus in Attat in Äthiopien in 12 Koffern
verstaut.

Heute Abend um 22 Uhr steigt dann endlich unser Flieger und es
heißt: Afrika, wir kommen!!“

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25.07.2015
2. Eintrag: 

„Sicher gelandet – ein erstes Nangina-Lebenszeichen“

Hallo zusammen, Ihr Lieben in der Heimat,

wir haben sicher und gesund afrikanischen Boden erreicht und sind nun in Äthiopien.
Nach sieben Stunden Flug landete unser Flieger um 5.55 Uhr Ortszeit in Addis Abeba, der Hauptstadt dieses wunderschönen Landes.

Bange Minuten galt es allerdings doch zu überstehen:
Würden wir mit den medizinischen Gerätschaften und Verbrauchsmaterialien, die wir ins Land bringen wollten, Probleme mit dem Zoll bekommen?
Am Ende ist alles gut gegangen und wir konnten ohne Kontrolle ins Land. Glück gehabt!
So sind nun alle 12 Koffer mit Tuben, OP-Handschuhen, Mullbinden, Halskrausen, und vielem mehr, sicher im Krankenhaus bei Schwester Rita angelangt.

Nach weiteren drei Stunden Fahrt mit einem Kleinbus und vielen Eindrücken, sind wir wohlbehalten im kleinen Dorf Attat bei den Missionsärztlichen Schwestern angekommen.

Sie haben uns mit einer äthiopischen Kaffeezeremonie begrüßt, was ein wunderschönes Erlebnis war.

Auf dem Weg haben wir viel Armut, aber auch viel Freude bei den Menschen gesehen. Es ist beeindruckend und inspirierend.

Jetzt sind wir am Abend unseres ersten Tages angekommen und platt und freuen uns auf’s Bett. Deshalb seid nicht böse, dass wir nicht so viel schreiben können. Morgen früh geht es um halb sechs aus den Federn, schließlich wollen wir um sieben Uhr eine Sonntagsmesse in einem sechzehn Kilometer entfernten Dorf mitmachen.

Viele Grüsse und wir melden uns, wenn wir die Möglichkeit haben.

Leon Vallee für den Nangina e.V.

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27.07.2015
3. Eintrag:

„Neues von Nangina, Attat, Aethiopien“

Heute wieder Neuigkeiten aus Aethiopien. Nachdem wir gestern einer wunderbaren Sonntagsmesse beiwohnen konnten, haben wir nachmittags einen Ausflug unternommen.
Wir sind bei einer im Dorf sehr angesehenen und für lokale Verhältnisse wohlhabenden Familie zu einer Kaffeezeremonie eingeladen worden. Der Weg dorthin führte uns die Dorfstrasse entlang, dann durch den Wald, über Wiesen und durch Haine von Bananenpflanzen. Immer dabei eine Horde Kinder, die uns an die Hand nahmen.
Wir haben uns gegenseitig Spiele gezeigt und so die Zeit verkürzt.

Die Zeremonie fand in einem Tukul, der traditionellen aethiopischen Rundhütte statt. Sie ist ganz aus Holz mit einem Grasdach, ähnlich einem Reetdach und besteht, wie unsere Kotten und alten Bauernhöfe auch, aus nur einem Raum, den sich Familie und Vieh teilen.

Mit viel Bedacht und Akribie, wurde der frische Kaffee über Kohlen geröstet, gestampft und mit heißem Wasser aufgegossen. Ein Genuss!

Abends ging, bedingt durch die seit drei Wochen begonnene Regenzeit, die Welt ein wenig unter. Wir konnten dies jedoch in unserem Gästehaus im Trockenen genießen.

Fotos werden wir erst einmal nicht schicken können. Vielleicht später. Leider sind Stefans und mein Kameraladegerät kaputt gegangen durch Überspannung – wir sind die Fotografen und Filmer der Gruppe. Sehr ärgerlich. Wenn wir nach Addis Abeba kommen, versuchen wir an Ersatz zu kommen.

Warteraum für Risikoschwangere

Heute haben wir eine Führung durch das Krankenhaus von Rita erhalten. Es ist unglaublich, was die Frauen und Männer hier leisten. Über 1800 große und ein Vielfaches an kleineren Operationen werden jährlich durchgeführt. Alles ist bestens durchorganisiert. Das, was auf den ersten Blick chaotisch wirken mag, folgt System. Das Krankenhaus hat sich in den letzten Jahren und Jahrzehnten wunderbar entwickelt, würde aber, legte man europäische Standards an, sofort geschlossen werden.
Es gibt Sterilisatoren, die noch aus Westdeutschland stammen, also mindestens 25 Jahre auf dem Buckel haben. Sie funktionieren wunderbar. Das Krankenhaus selber hat einen kurativen wie präventiven Ansatz. Jeder Mensch, der nicht erst dort hinkommen muss, ist ein Erfolg. Daher gibt es viele Aufklärungskurse und „Health Education“-Programme.
Wir sehen trotzdem viel Leid, aber auch Schönes und Ergreifendes. Babies, die vor zehn Minuten auf die Welt gekommen sind mit matten aber glücklichen Müttern. In den Räumen liegen teilweise 20 Leute und erholen sich von Operationen. Sie werden alle von Angehörigen begleitet.
Sie sind es auch, die als Übersetzer (immerhin gibt es über 50 Stammessprachen), Nachtwachen („Schwester, muss hier so viel Blut rauskommen?“), Pfleger (wohl selbsterklärend), Köche (das Krankenhaus stellt eine Küche zur Selbstverpflegung)
usw. usf. fungieren.
Und trotzdem hält das Krankenhaus noch einmal 200 Leute in Lohn und Brot, ernährt darüber hinaus durch den großen Zustrom an Patienten etc. das ganze Dorf mit Geschäften, Dienstleistungen, Unterkünften.

Zu sehen, was durch die vielen Spenderinnen und Spender, die Nangina vertrauen und unterstützen, möglich geworden ist, ist ein wahnsinnig tolles Gefühl.
So sind es zum Beispiel das Röntgengebäude, die dringend benötigten Abwasserkanäle, die Erweiterung bzw. der Neubau der Kreisssäle, die durch Nangina-Spenden ermöglicht wurden und werden.

Übrigens haben wir berühmten Besuch quasi in unserem Schlepptau mit ins Land gebracht. Barack Obama ist aktuell in Aethiopien und so wie wir informiert sind, wird er uns den Weg bereiten und vor uns nach Kenia, das Land seines Vaters, reisen. Wenn wir ihn sehen, bestellen wir liebe Grüsse.

So, dies soll für heute reichen. Wir wünschen Euch allen eine gute Zeit.
Stellvertretend für alle sende ich Grüsse in die Heimat. Es geht uns gut!

Leon von Nangina